„Achtsamkeit ist das Bewusstsein, das durch die absichtsvolle Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment und ohne Wertung entsteht“ (John Kabat-Zinn)

 

Ist dein Gehirn ein Computer?

Der permanente Informationsstrom unseres Unbewussten wird auf mehrere Millionen bit/s geschätzt. Unzählige lineare Rechenprozesse führen in Hochgeschwindigkeit zu Ergebnissen. Man könnte meinen, das Gehirn funktioniere wie ein Computer. Doch das Gegenteil ist der Fall. Im Gehirn entsteht ständig Neues, ein fortwährender kreativer Prozess der Selbstorganisation.

 

„Jede Bewegung, jeder Gedanke und jede Wahrnehmung, die dir bewusst wird, hat eine völlig neue Struktur, die es so vorher noch nie gegeben hat und auch nie wieder geben wird. Diese Selbstorganisationskräfte sind ständig präsent und immer verfügbar, wenn wir sie nicht im Stress blockieren“, schreibt Dietmar Hansch in seinem Buch Persönlichkeit führt.

 

Von all diesen Vorgängen bekommen wir jedoch nicht viel mit. Sie spielen sich unbewusst ab. Wir verfügen also über ein Vielfaches an Potenzial. Doch wie erreichen wir dieses?

 

Anders als geplant 

In der letzten Woche habe ich ein Training für Führungskräfte durchgeführt. Dieses habe ich in der Vergangenheit schon einige Male angeleitet. Also Routine, die fünf Stunden Zugfahrt würden ausreichen, um mich einzustimmen – dachte ich. Bis ich drei Tage vorher noch einmal in meinen Terminkalender schaute. Ich erschrak, als ich feststellte, dass es doch nicht der gewohnte Workshop war. Ich hatte das Seminar mit einem anderen verwechselt, das erst in vier Wochen stattfindet. Ich stand sofort unter Druck und setzte alles in Bewegung, um mir die Inhalte zusammenzusuchen. Wenn dieser Workshop, wie irrtümlich geplant, in einem Monat stattgefunden hätte, wäre mir die Zeit geblieben, entspannt noch zwei Bücher zur Vorbereitung zu lesen und in mein Konzept zu integrieren.

 

Im Workshop, nach einer langen Einstiegsrunde mit den Teilnehmern, wurde mir spontan klar, welche Inhalte ich behandeln würde. Er verlief deshalb ganz anders als gedacht. Ich konnte mich auf meine sieben Jahre Trainererfahrung und mein Gespür für die Themen der Teilnehmer verlassen. Ich war während des Workshops im Flow. Es war einer der besten und tiefgreifendsten Workshops, die ich jemals gehalten habe.

 

Was war passiert?

Mein Bewusstsein – ich nenne es Kopfdenken – hat sich mit zu viel Aufmerksamkeit auf diese Drucksituation konzentriert (Vorbereitungszeit + zwei Bücher lesen + Konzept schreiben in drei Tagen = völlig unmöglich). Ich war im meinem alten Gedankenmuster „Prüfung“ gefangen. Bewertungen und Gedanken rasten durch meinen Kopf: „Das schaffe ich nicht in der Zeit“. „Ich bin völlig unvorbereitet“. „Der Workshop wird ein Desaster“. Dadurch entstand Stress in meinem Körper. Ich war nicht frei im Kopf.

 

Das Kopfdenken ist ein fokussierendes Bewusstsein. Es führt permanente Ist-/Soll-Vergleiche durch, bewertet und strebt nach Veränderungen des Ist-Zustands. Wie in meinem Fall das unvorbereitete Seminar (Ist-Zustand) und die angestrebte, optimale Vorbereitung (Soll-Zustand). Durch die Bewertung, dass es in der Zeit nicht zu schaffen sei, war mein Fokus zu sehr auf das Problem gerichtet. Der Zugriff auf mein Potenzial war so fast unmöglich.

 

Während der Zugreise habe ich mich dann mental eingestimmt und das Seminar geistig einige Male durchgespielt. Das hat mich entspannt.

 

Im Workshop angekommen, habe ich mich auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingestellt und mich auf das kreative Potenzial meiner Selbstorganisation verlassen. Ich nenne diesen unbewussten Teil das Selbst. Das Selbst enthält all das Wissen aus Erfahrung als Trainer – alle Potenziale, die sich entweder unbewusst entfalten oder von einem nicht wertenden Bewusstsein begleitet werden. Ein Bewusstsein, das einfach nur da ist und die Dinge annimmt, wie sie sind.

 

Der innere Kontakt zwischen Kopfdenken und Selbst

Das Selbst ist nicht komplett unbewusst, sondern hat eine Oberflächenschicht, auf die du mit dem Kopfdenken zugreifen kannst. Hier tritt dein Selbst inklusive seiner Potenziale mit dem fokussierenden Teil deines Kopfdenkens in Kontakt. Die Tür zu diesem Kontakt öffnet sich durch die Haltung, die Dinge einfach nur anzunehmen, wie sie sind. So entsteht das Gefühl des Flows: die Freude, ganz in einer Tätigkeit aufzugehen – sich selbst und das Zeitgefühl vergessend. Die Kunst ist es, sich mit der fokussierenden Kraft des Kopfdenkens auf diesen inneren Kontakt auszurichten und weniger mit dem Verstand zu bewerten.

 

Deine 3 Schritte zum wertfreien Schauen

 

1 Absicht

„Weniger zögern und mehr wagen, öfter innehalten, anstatt zu hasten, heute leben, anstatt zu verschieben, unsere Träume leben, anstatt unser Leben zu träumen.“

(Jochen Mariss)

 

Nimm wahr, was ist. In meinem Beispiel: drei Tage Zeit bis zum Workshop.

 

Dann schaue aus unterschiedlichen Perspektiven. Definiere deine Absicht.

 

Für mich folgender Gedanke optimal gewesen: “Ich nutze die Zeit bis zum Workshop, um mich auf die wesentlichen Dinge vorzubereiten“, statt im Ist-Soll-Vergleich zu hängen und die Energie im Stress zu verlieren.

 

2 Aufmerksamkeit

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzten“. (Aristoteles)

 

Akzeptiere das, was ist, vorübergehend. Und wechsle zu einer spielerischen inneren Haltung.

 

In meinem Fall habe ich geschaut, welche Spielbälle ich in der Hand halte: z. B. sieben Jahre Erfahrung, ich kenne die Teilnehmer; ich habe einen zweiten Trainer dabei, mit dem ich mich austauschen kann; meine Intuition, meine Improvisationsfähigkeit, mein unerschöpfliches Repertoire an Übungen.

 

Anstatt dich also auf den Gegenwind zu konzentrieren, verändere die Perspektive. Richte deine Aufmerksamkeit nach innen, weg von der äußeren Situation.

 

3 Haltung

“Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist die Fähigkeit zu beobachten, ohne zu bewerten.“ (J. Krishnamurti)

 

Vielleicht gibt es einen hinderlichen Glaubenssatz, ein Gedankenmuster? Etwas, was du über die Situation denkst? Wie in meinem Beispiel das alte Gedankenmuster „Prüfung“: „Wenn ich unvorbereitet bin, wird der Workshop ein Desaster“. Lass deine Bewertungen los. Lass dich auf etwas Neues ein.

 

Diesen Prozess durchlaufe ich vor, während und nach jedem Training und Coaching. Mein Kopfdenken ist sehr darin geübt, mit meinem Selbst im Kontakt zu sein.

 

Das kannst du auch

Wie du den Kontakt zwischen deinem Kopfdenken und deinem Selbst herstellen kannst, erlebst du in der folgenden Meditation.

 

Frei-im-Kopf-Grüße

Holger Hagen

Holger 🙂

 

Bist du jetzt frei im Kopf? Ich freu mich über deinen Kommentar!

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